ORF-Sommerinterview: Kickl droht Thür mit „rechtlichem Problem“ und attackiert Überwachungspläne

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10 Sep 2025

ORF-Sommerinterview: Kickl droht Thür mit „rechtlichem Problem“ und attackiert Überwachungspläne

ORF-Sommerinterview am Traunsee: Drohung, Schlagabtausch, Sicherheitsdebatte

Ein Interview, das eigentlich über Sicherheitspolitik gehen sollte, kippte in eine Grundsatzdebatte über Pressefreiheit und staatliche Überwachung: Beim ORF-Sommerinterview griff FPÖ-Spitzenkandidat Herbert Kickl Moderator Martin Thür scharf an – und drohte ihm mit einem „rechtlichen Problem“. Auslöser war die Frage, wie Österreich nach vereitelten mutmaßlichen Anschlagsplänen in Wien mit Messenger-Überwachung und staatlichen Eingriffen umgehen soll.

Kickl stellte sich klar gegen eine Ausweitung von Überwachungsbefugnissen auf Messenger-Dienste. Er verwies auf seine Erfahrungen aus der Pandemiezeit, sprach vom „Corona-Regime“ und davon, dass Menschen, die sich für Grundrechte eingesetzt hätten, kriminalisiert worden seien. Die Sorge: Neue Maßnahmen – selbst wenn sie nur über richterliche Beschlüsse greifen – könnten wieder jene treffen, die der Regierung kritisch gegenüberstehen.

Konkreter wurde er bei zwei Punkten. Erstens: Statt eines „Bundestrojaners“ – gemeint sind staatliche Eingriffe direkt auf Geräten, um verschlüsselte Kommunikation auszulesen – solle es ein Verbot des politischen Islam geben. Zweitens: Er warf dem Interviewer unsauberen Journalismus vor, blieb dabei aber vage. In der hitzigsten Phase fiel der Satz, der die Runde machen wird: „Vielleicht haben Sie bald ein rechtliches Problem.“ Das ist harter Tobak in einem Live-Interview – und nährt die alte Konfliktlinie zwischen FPÖ und öffentlich-rechtlichem Rundfunk.

Ort und Rahmen waren eigentlich idyllisch: Ufer des Traunsees, das 43. Sommergesprächsformat mit Martin Thür. Inhaltlich ging es um die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit – also um Fragen, auf die es selten einfache Antworten gibt. Das Gespräch zeigte, wie polarisiert diese Debatten inzwischen geführt werden: Jeder Halbsatz wird zum Lackmustest – für Vertrauen in Institutionen, für Misstrauen gegenüber Medien, für den Ton des Wahlkampfs.

Messenger-Überwachung: Was diskutiert wird – und warum es so heikel ist

Worum geht’s technisch? Messenger-Überwachung zielt auf Kommunikation, die durch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung geschützt ist. Ermittler kommen an Inhalte nur ran, wenn sie direkt am Gerät ansetzen (Quellen-TKÜ) oder wenn Anbieter verpflichtet werden, Inhalte zu scannen. Beides ist umstritten: Datenschützer warnen vor einem Dammbruch, IT-Fachleute vor Sicherheitslücken, die nicht nur der Staat, sondern auch Kriminelle ausnutzen könnten.

Befürworter, vor allem aus Innen- und Sicherheitsressorts, argumentieren mit konkreten Fällen: Terrorprävention brauche Werkzeuge für den digitalen Raum. Kommunikation fände heute nun mal in Messengern statt. Gegner halten dagegen, dass Eingriffe in private Chats die Grundrechte aller berühren und selten so „zielgenau“ bleiben, wie versprochen. In Europa laufen Debatten über verpflichtende Scans besonders heikel, weil sie verschlüsselte Kommunikation strukturell schwächen würden.

In Österreich ist der Begriff „Bundestrojaner“ politisch aufgeladen. Nach Anschlägen und nach größeren Sicherheitslagen werden solche Befugnisse immer wieder diskutiert. Juristisch steht über all dem die Frage: Was ist verhältnismäßig? Reicht die bestehende Rechtslage mit richterlicher Kontrolle aus, oder braucht es neue Instrumente? Die Antwort hängt nicht nur von Technik ab, sondern davon, wie viel Risiko die Gesellschaft zugunsten von Freiheit oder Sicherheit akzeptiert.

Kickl setzte im Interview auf eine klare Gegenlinie und brachte den politischen Islam ins Spiel. Sein Punkt: Radikalisierung bekämpft man nicht, indem man die Privatsphäre aller einschränkt, sondern indem man extremistische Strukturen gezielt verbietet. Kritiker dieser Sicht warnen, dass Verbote allein keine digitale Kommunikation verhindern und oft in langen Rechtsstreitigkeiten enden. Dafür sei die Eingriffstiefe in Grundrechte geringer als bei breiten Überwachungslösungen.

Zwischendrin ging es auch um die Causa Egisto Ott. Kickl wies persönliche Verbindungen zurück und betonte, Hans-Jörg Jenewein sei nicht „seine rechte Hand“ gewesen. Die Ermittlungen in der Spionageaffäre beschäftigen seit Monaten Politik und Justiz; die Verfahren laufen unabhängig vom Wahlkampf, werfen aber politisch Schatten, weil sie das Thema Sicherheitsapparat und mögliche Einflussnahmen berühren.

Kommunikativ war das Sommergespräch ein Blick in den Wahlkampfmodus. Kickl arbeitet mit Konfrontation, Zuspitzung, Grenzverschiebung – ein Stil, der seine Anhänger mobilisiert und Gegner elektrisiert. Für den ORF wiederum ist es ein Balanceakt: kritisch nachfragen, Fakten einordnen, ohne zum Teil des politischen Spiels zu werden. Die Drohung eines „rechtlichen Problems“ verschärft den Ton, ändert aber nicht die Kernfragen: Welche Befugnisse braucht der Staat im digitalen Raum? Wer kontrolliert deren Einsatz? Und wie verhindert man, dass Sicherheitspolitik zur Bühne für Symbolpolitik wird?

Hans Böttger
Hans Böttger

Ich bin Hans Böttger, ein Experte für Sport. Ich schreibe gerne über Tennis und verfolge die neuesten Entwicklungen in der Branche. Ich liebe es, neue Techniken zu erlernen und meine Fähigkeiten zu verbessern. Ich kann auch helfen, die Spielerfahrung durch schriftliche Analysen und Berichte zu verbessern. Mit meinen Fähigkeiten kann ich vielen Leuten helfen, sich im Sport zu verbessern.

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